Was ist die „Opera Instincta“?
tags: „…interactiv space – improvisation -rhythmics – le masque neutre – performance- healing social containment-somatic experiencing – expressing art in context…“
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Photo oben von Hilde Kappes; auf dem Photo sind Antonia Gugla, Viola Schmitzer, Julika Oehlshausen, Hannah Monninger;
Wie der Name schon hören lässt, geht es hier um ein WERK (opera), welches stark den Instinkt fokussiert, nicht unbedingt nur die niederen sondern jene, die aus einem biologischen Bedürfnis heraus Präsenz und kommunikatives Miteinander suchen und für das richtige Timing in Improvisationen zuständig sind. Nonverbale künstlerische Kommunikation auf höchstem Niveau!
Die Tatsache, dass Kunst und Kreativität, sowie Humor und Spiel, mit zu den wichtigsten Regulierungs-Möglichkeiten des Menschen gehören, sowie die Verknüpfung meiner beiden Ausbildungen, haben mich dazu bewogen, eine Bühnen-Idee zu entwerfen, die sich künstlerisch mit dem Themen Komplex INSTINKT UND INTUITION auseinandersetzt, sowie mit IDENTITÄTEN UND IDENTIFIKATIONEN, Facetten des Mensch-Sein und Transformationen von Charakteren, dies über Stimme- Sprache- Bewegung- Musik.
Die Auseinandersetzung mit dem Thema der RESONANZ steht genauso im Fokus, wie die „unendliche Geschichte“ des menschlichen Unterbewussten und Unbewussten. Themen wie Scham und Scheu, Menschliches und Unmenschliches, Sinnhaftes und Unsinniges der zentralen Schaltstellen GEHIRN & HERZ werden humorvoll und absurd, tiefsinnig und verlangsamend beleuchtet. Zum Thema Verlangsamung siehe auch unten die Ausführung*!
Die Stimme steht im Vordergrund, wenn gleich Stimme hier gleich Körper ist.
Es ist eine OPER, wenn auch eine andere OPER als man sie kennt: Stimm-Soli, Stimm-Chöre, Stimm-Improvisationen werden fast immer mit Bewegung und Tanz einhergehen, Bewegungs-Chöre oder Bewegungs-Soli wiederum mit Stimme korrespondieren. Der instinktive impulsive und improvisierte Ausdruck steht als Contra-Punkt oder als Gegensatz zu Choreographiertem, Komponiertem.
Das permanente Fliessen der Spiegel-Neuronen, die ständig sich verändernde und pulsierende Resonanz zwischen Lebewesen wird somit Haupt-Aspekt des Spontan-Agierens und erarbeitens von kreativem Material.
Die Welt des Empfindens, (siehe auch „felt-sense“ nach A.Gendlin) das körperliche und geistige Gewahr-Werden von PRÄSENZ steht als ein sich übertragendes Phänomen im Vordergrund und manifestiert sich als künstlerische Intention der OPERA INSTINCTA.
Uns interessieren:
- Instinkt und Intuition – Scham und Scheu
- Ungewöhnliche Stimm-Fähigkeiten solistisch und als Chor
- Der Kontrast zwischen instinktiven Körper-Bewegungen und Stimm-Lauten zu Mehrstimmigkeit und Choreographie
- Funktionen des Stammhirns und seiner Instinkt-Fähigkeiten und wie diese sich körperlich offenbaren bzw. auf Musik/Stimme reagieren
- Die Wirkung von Resonanz zwischen Künstlern und zwischen Künstler und Publikum
- Abläufe des Autonomen Nervensytems, die auf Instinkt-Reaktionen beruhen im Betrachter zu wecken und reagieren zu lassen, Empfindungs-Sensoren und Sinne lebendig zu machen. (siehe auch Erläuterungen zur Methode Peter Levines, somatic experiencing)
- Identifikationen mit den Elementen (und Charakteren) nach Jaques Lecoq , die Stimm-Gebung und Körper-Ausdruck formen und das Stammhirn aktivieren.
- Identifikationen mit Resonanz und dem Spannungs-Geschehen zwischen zwei oder mehreren Spielen sowie zwischen den Spielern und dem Publikum, wenn Imitation und Interaktion fokussiert werden.
- Interagierende Handlung von Musik, Stimme und Bewegung, (bzw. der sich spiegelnden oder entgegengesetzten Möglichkeiten)
Wie wir arbeiten:
Mit den Mitteln: Musik, Stimme, Sprache und Bewegung und mit Kenntnissen aus dem Bereich der (Neuro-)Psychologie: Dr. Stephen Porges Polyvagale Theorie und Somatic Experiencing nach Peter Levine; sowie mit den fünf schöpferischen Mitteln:
Intuition – Interaktion – Improvisation – Imitation – und Identifikation;
Wir schaffen einen Raum, der sich auf die Themen:
BEGEGNUNG- BEZIEHUNG- KONTAKT- KOMMUNIKATION konzentriert.
Welche Methoden benutzen wir:
Die Methode Jacques Lecoqs: „Neutrale Maske“ dient uns als künstlerisches Mittel in Identifikationen (mit Charakteren oder Essenzen) zu gehen und neuartige Facetten des künstlerischen Ausdrucks umzusetzen sowie einen Zustand von NEUTRALITÄT/oder Totale Präsenz ausdrücken zu lernen.
Die Werkzeuge aus Somatic Experiencing (nach Peter Levine) werden eingesetzt um Präsenz zu verstärken, Kontakt zu schaffen, sowie Grenzen bewusst aufzubauen oder zu erweitern und „aktivierte Felder“ aufzuspüren.
Die Rhythmik sorgt für die nötige Interaktion diverser Felder und Medien: Stimme- Bewegung- Musik- Gerät/Material als auch für die affektive und kognitive Beweglichkeit und Flexibilität, die gefordert wird, wenn aus Improvisationen Gestalt entstehen soll.
Das Essential Voice Experiencing nach Hilde Kappes vereint neun Spielräume, in denen Körper, Geist und Stimme gleichermassen heraus gefordert werden, die eigentliche Essenz und die allgegenwärtige Vielfalt des Ausdrucks auf einen Nenner zu bringen. Erfahrungen mit der Feldenkrais-Methode, der Franclin Methode, Diamond Approach und buddhistischer Meditation komplettieren die Herangehensweise.
Wann arbeiten wir und wo :
Das Projekt ging Herbst 2015 in eine erste Intensiv – Phase. In 2017 strebten wir eine einwöchige Phase an, die an einem Ort ausserhalb Berlins geplant war. Wir haben inzwischen zweimal im TONHOF in Kärnten gearbeitet: einmal in grösserer Formation und einige Monate später in kleinerer Formation, jeweils eine Woche lang und einige Male in Berlin in einer Kapelle, versuchsweise auch mit Menschen, die zum ersten Mal überhaupt dabei waren. Photos und Filme findet man demnächst auf vimeo und hier.
Warum ist es spannend an diversen Orten zu arbeiten:
Das WERK passt sich der Architektur und der Historie der diversen (Theater-) Räumlichkeiten (oder Orten) an, bzw. bezieht konkret die Wahrnehmung und Wirkung des Raumes mit ein. Das Werk wird dadurch an diversen Orten in Resonanz gehen und sich unmittelbar verknüpfen mit der dortigen Stimmung und Historie.
Unser Nervensystem richtet sich unbewusst sehr an Räumen aus, orientiert sich darin in den ersten Sekunden, manche suchen sich „sichere Plätze“ manche bevorzugen grenzenlose Offenheit und haben ein Bewusstsein für Orientierung verloren. Der Körper wird sicherer in seinem Ausdruck, wenn er bewusst wahrnimmt was in den tiefen Regionen vor sich geht.
Wenn der Instinkt vorgibt lieber weiter hinten zu stehen und zu singen, statt vorne in der Mitte, dann gehen wir mit diesem Instinkt und spüren uns langsam nach vorne. Erst wenn im Nervensystem keine all zu hohe Aktivierung mehr ist wird der Platz vorne lustvoll zu benutzen sein.
Die normale schauspielerische Bühnenarbeit geht ständig über Grenzen, künstlerischer Output wird so oftmals zum Raubbau. Das Gehen mit dem Nervensystem heisst nicht weniger Präsenz sondern sehr viel mehr, weil die Resonanz auf geht und sich überträgt. Das Gehen mit den Reaktionen oder der Sprache des Nervensystems bringt eine Präsenz, die oft spannnender ist als das „sich permanent grenzenlose sich zeigen“. Das wirkliche hinein spüren in das, was für einen richtig ist verunsichert viele zu Beginn, da sie eher gewohnt sind über ihre Grenzen zu gehen. Das Ergebnis aber DANACH: des singens, solierens und tanzens ist tiefgreifender und berührender und schwingt in der Resonanz sehr viel genussvoller und vitaler.
Ziel ist es als „open opera instincta“ das Projekt weiter zu verfolgen und zu entwickeln in immer anderen Räumen: in Kirchen, in Feierhallen, in Theatersälen, in Kellern, in Dächern, in Studios, Kulturhäusern, Musiksäälen, unter dem Himmel, in Rathäusern, Gefängnissen, Krebskliniken und Krankenhäusern usw., usf.
Der Prozess wird somit als ein sich ständig wandelnder antizipiert und angepasst an den Raum, seine Geschichte und Energie sowie an die Geschichte und die Fähigkeiten der Menschen, die involviert sind und ebenso mit der Energie des Publikums gehen.
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Ausführung zum Thema Instinkt & Kunst
*“Verlangsamung“ ist hier ein entscheidendes Wort, welches zum Beispiel in somatic-experience sessions in den meisten Fällen eingesetzt wird. Die Energie von Aktivierung kann eine Power Energie sein und eine zerstörerische. Die biologische Reaktion unseres Nervensystems auf zu heftige oder zu schnelle Geschehen hat drei Möglichkeiten: Flucht, Angriff, Starre. Es gibt eine natürliche Entladungsreaktion in unserer „Biologie“. Wenn die Aktivierung (oder Gefahr) vorbei ist, regulieren wir uns meist von selbst wie die Tiere. In vielen Fällen bekommt das Nervensystem aber diese Zeit nicht. Zeit ist hier ein wichtiger Faktor aber nicht nur: Zu dem Faktor Zeit braucht es auch das, was in dieser ZEIT geschieht nämlich: KONTAKT. Eine der simpelsten Heilungsmöglichkeiten und Traumaverhinderungsmöglichkeiten ist DER KONTAKT. Dabei spielt nonverbaler Kontakt über die Sinne einen genauso grossen Stellenwert wie der verbale. Wichtig ist das Gefühl der Anbindung für den, der da „aktiviert“ ist.
Auf eine künstlerische Improvisation bezogen bedeutet das, dass Widerstände im Kontakt zu bleiben wahrgenommen werden und containment und Commitment trainiert werden. Das bedeutet mitunter auch genau wahrzunehmen, wann in einer Improvisation etwas aus dem Rahmen oder dem „timing“ heraus fällt oder etwas sehr privates geschieht. In normalen Fällen wird darauf mit Lautstärke, Widerstand, „drüberpinseln“ reagiert….in der Aktion mit verstärkter Wahrnehmung und der Selbstregulierung und mit der Möglichkeit das Element ERDE zum Bsp. zu verkörpern, (deshalb auch die Elemente Arbeit) kann eine solche Reaktion aufgefangen werden und stehen bleiben als solches. Die Person, die spontan agiert hat und erst nachdem sie begonnen hat, spürt, dass sie einen ganz persönlichen Inhalt auf die Bühne gebracht hat kann durch Gefühle wie Peinlichkeit oder Entblössung oder „sich zur Schau gestellt haben“ enorm gestört werden in ihrem kreativen Out-Put, sie kann sich selbst sozusagen in die Starre befördern oder in die Flucht nach vorne…ihre Resonanz wird dann extrem das Gruppengefüge beeinflussen. Im Falle von „containment“ bleibt ihre Handlung „gehalten“ – nicht ausgehalten sondern gehalten. Das ist ein bedeutungsvoller Unterschied. Wir verlangsamen alle unsere eigenen Impulse in diesem Fall und regulieren nach bevor wir reagieren auf etwas. Dadurch entsteht Präsenz und gutes timing und wirksame Gestalt.
Verlangsamung heisst nicht, dass alles in Langsamkeit geschieht. Wir arbeiten bewusst mit der Wahrnehmung und Wirkung von Tempi und Rhythmen, da die Grundidee auf der Ausbildung der RHYTHMIK fusst und der Erkenntnis des somatic experiencing, dass Nervensysteme sehr miteinander resonieren und verknüpft sind: auf den künstlerischen improvisatorischen Prozess bezogen heisst das also, dass oftmals Aktionen zu noch mehr Aktionen führen, eine Aneinanderkettung von Impulsen kann zu einem spannenden aber auch übergespannten Gefüge werden.
Ähnlich wie bei einem Unfall, den man aus Distanz betrachtet, ungewollt (weil biologische Reaktion) eine Aktivierung des Nervensystems geschieht und man daheraus reagiert, sprich ein ähnliches Tempo ( oder ähnliche Spannung) fährt, das sich aber nicht unbedingt günstig auswirkt auf das Unfallopfer, genauso verhält es sich auf der Bühne im Improvisationskontext auch. Da es ein spontanes Geschehen ist und keine wohlüberlegte Komposition können Aktionen entstehen, die ein hohes Mass an Aktivierung oder Spannung vorlegen und auf welches man oder jeder plötzlich impulsiv reagiert. Im Falle von Aufregung oder anderen störenden Umständen kann es sein, dass wenn einer „laut“ wird oder eine Dynamik zeigt die temperamentvoll ist, dass alle dasselbe machen.
SE hilft uns hier immer wieder in das focussing zu gehen und achtsam mit dem Thema Spannungswechsel umzugehen, im Prinzip wie ein Komponist, oder ein Autor, der am Tsich sitzt und sehr wohl nachspürt, ob der nächste Part hinter den gerade komponierten passt oder besser doch erst mal etwas anderes entstehen sollte. In der Improvisation glauben viele es gäbe diese Zeit nicht und viele wissen auch nicht wie es geht. Der Prozess dies zu spüren muss aber gelernt sein, es hat nicht nur mit nachspüren im üblichen Sinne zu tun sondern es ist der Versuch, im richtigen Moment das Richtige zu tun, immer gelenkt vom Körperempfinden und der sympathischen oder parasympatischen Reaktionen.
Musikalisch betrachtet heisst das: ein gutes Timing miteinander zu finden, in Kommunikation und Wohlwollen zu bleiben und einen Umgang zu finden mit, ich nenne es Entladung, die in Wirklichkeit Aktivierung ist. Sprich ein guter Flow ist immer eine angenehme Entladung, die auch mal laut und stark und dynamisch sein kann, alles aber, was eine neue Aktivierung ist, wird als für Zuschauende eher als unangenehm oder peinlich oder nicht im flow wahrgenommen. Eine Entladung, wie sie oft in Improvisationen passieren kann hat immer etwas auch lustvolles und instinktives.
ES GESCHIEHT EINFACH…und bekommt durch timing und flow ein rechtes Mass und ist connected/verbunden zum Gesamtkontext. Eine Entladung, die neue Aktivierung hervorbringt, wie wir im somatic- experiencing zu sagen pflegen, ist etwas was aus mir hervor bricht, was aber sofort bewertet wird von mir und nicht recht verarbeitet ist: Gesten, Bewegungen,Worte, Laute die aus mir hervorkommen und mich negativ berühren oder erschrecken oder erstarren lassen oder flüchten lassen, das wird sich sofort übertragen und ist dann kein „flow“ mehr. Hier versuchen wir sehr viel mit persönlicher Wahrnehmung zu arbeiten, Entschleunigung und ständigem beobachten unseren eigenen Nervensystems und immer wieder dadurch etwas entstehen zu lassen, das uns einerseits an die ERDE bindet und auch mal beobachten lässt oder Impulse die „nur aus Reaktionstrieb“ entstehen, erkennen lässt. Wir werden vielleicht eher neutral und stark verwurzelt, wenn eine von uns im Element Feuer gerade agiert, stimmlich und bewegt, vielleicht entscheiden wir als Antwort darauf, ins Luftelement zu gehen oder stellen uns die Frage: wie wirkt es, wenn ich entschieden im Element Wasser beginne zu singen während gerade eine ein Bewegungs- Solo im Element Feuer macht…?
Wir entscheiden immer wieder neu aus der Körperempfindung heraus, aus dem Instinkt heraus und versuchen wahrhaftiger zu werden als unsere Impulse und dadurch schneller als unsere Impulse (was kaum möglich scheint aber was funktioniert), denn Impulse entstehen nicht immer aus dem Instinkt, sondern oft auch aus dem „Hört mich denn niemand?“ Seht ihr mich auch alle?“ – also oft auch aus unbewältigten emotionalen Bedürfnissen.
Je mehr wir drauf haben, desto mehr gibt es den Impuls oder Impulse in der Improvisation das auch alles zu zeigen. Aber ein wahrer Künstler (ja – provokant, ich weiss) verzichtet oftmals auf seine „besten“ tools und Fähigkeiten um der Gesamt-Komposition ein rechtes Mass und die intensivste Wirkung zu geben.
Im Kontext von Improvisation gelten viele Regeln, die eigentlich mehr mit Kommunikation zu tun haben und dem „Im Griff haben“ meiner Persönlichkeit, meines Künstler-Egos“ – das wird oft unterschätzt. Menschen, die Musik studieren sind einem unglaublichen Druck oft ausgeliefert, der alles musikalische und heilsame an Musik zerstört. Die OPERA INSTINCTA versucht auch hier genau gegen zu wirken. Ich sage nicht, dass wir alle eine total druckfreie Erziehung brauchen. Druck kann auch Widerstand bedeuten, gesunder Widerstand, gesunde Konkurrenz, spielerische instinktive Anleitung mit Liebe zur Musik.
Druck ist gut, wenn es zum DRANG wird zur Lust sich auszudrücken. DRANG verursacht einen Impuls, weiter zu gehen. Eine LUST nach vorne zu gehen oder sich zu vertiefen. Druck funktioniert im improvisiertem Feld gar nicht. Hier gilt es den Drang zu verstärken, sich auszudrücken und im gleichen Masse sich verbinden zu wollen, eine Stimme mit einer anderen. Sowie ein Komponist eine Melodie passend macht oder passende Harmonien erfindet, so sind wir in dem WERK OPERA permanent dafür verantwortlich, dass alle Parameter immer wieder in gutem ausgewogenem regulierten Verhältnis erfolgen. Perfektion gibt es fast nie in einer Improvisation aber einen guten Umgang mit Geschehnissen, die nicht mehr zu verändern sind.
Ein Unfall auf der Strasse ist etwas schlimmes, den „aufzufangen“ ist sinnvoller als hysterisch darauf zu reagieren. Ein Moment in einer Improvisation, der nach aussen „dumm“ kommt oder seltsam oder langweilig kann vieles im Gesamtkonzept verändern. Ein auffälliges Geschehen auf offener Strasse vor einem Strassen Cafe zum Bsp., verändert auch vieles. Wenn wir aber erst mal uns beobachten, unsere Reaktion und „ruhig bleiben“, bzw Reaktionen erfühlen in uns, was angesagt ist, dann kann etwas sehr schönes entstehen: Commitment und Containment. Diese kommunikative und uns Menschen auszeichnende Fähigkeit hat IMMER eine Wirkung auf das Feld aussen, die Betrachter, die Zuhörer. Aber natürlich mehr noch auf das „Innere Feld“, die Menschen die miteinander agieren. Nur eine Person kann in einem aufgeladenen Geschehen (sei es auf der Strasse oder in einer Band oder im Theater auf der Bühne ….) für Präsenz und Bewusstsein sorgen…nur eine Person schon kann in einer U-Bahn für absoluten Stress sorgen, das wissen wir.
In kreativen Zusammenhängen gibt es sehr oft den Druck gut sein zu wollen und daheraus überagieren wir. Statt dessen gilt das innere Lauschen einer neutralen Natur, die genau weiss, was wann kommt oder wie erfolgen darf oder muss, um ein ausgewogenes Spannungsverhältnis zu erreichen. Letztlich ist dies niemals möglich ohne unseren Körper, ohne unseren Instinkt, der den „guten Platz“ kennt oder das richtige Timing.
Der Instinkt kann auch ordentlich Druck machen, klar – er ist unser wichtigster innerer Überlebensführer: ohne die niederen Triebe und den Instinkt würden wir auch hier das timing verpassen, was Essen anbelangt, Fortpflanzung und Atmen. Aber in einer Gruppe, in der wir improvisieren mit Stimme und Bewegung, Sprache und Musik und damit berühren wollen auf kreative Weise ist es aus künstlerischer Sicht überlebenswichtig, dass wir harmonieren miteinander und das nicht auf „gezwungene Weise“ sondern auf instinktive Weise und ganz nach einem uns innewohnenden Gesetz von Balance zwischen Kontraktion und Ausdehnung.
Harmonie heisst hier also ganz gewiss nicht eine Farce von „nur schönen guten Dingen“ zu erstellen, was auch immer das sein mag…, sondern die Kapazität zu erlernen mit Kontraktion und Ausdehnung, mit Harmonie und Disharmonie, mit improvisiertem experimentellem und mit improvisiertem homophonen, polyphonem Gesang oder Bewegungschören und mit dem seelischen, geistigen, körperlichen und kreativen Ausdruck umgehen zu lernen.